
Wir leben in Zeiten großer Herausforderungen, die durch das Corona-Virus über uns hereingebrochen sind. Um der emotionalen und nervlichen Anspannung etwas entgegen zu setzen, eignet sich nichts besser, als eins mit der Natur zu werden und seinen Garten zu kultivieren. Was aber tun, wenn nur ein paar Quadratmeter zur Verfügung stehen? Die Antwort lautet Urban Gardening und Urban Farming.
Selbst kleine Flächen mitten in der Stadt sind prädestiniert, um frisches Gemüse zu ziehen und gleichzeitig den Geist zu erfrischen. Besonderes Augenmerk wird in diesem Beitrag auf Gartenarbeit im öffentlichen Raum gelegt, wo durch Phantasie, Ideen und Freude an der Sache „grüne Städte“ entwickelt werden.
Wurzel und Idee
1864 wurde in Leipzig der erste „Schreberverein“ gegründet, benannt nach dem Arzt und Lehrer Moritz Schreber. Durch den ungezwungenen Umgang mit Natur wollte er selbst urbane Brennpunkte sozial entschärfen. Diese Idee eines grünen Balsams für die Seele nahmen später Wiener Kleingartenanlagen oder Siedlerbewegungen auf.
Ein weiterer positiver Aspekt in harten Zeiten war die Produktion von frischen Lebensmitteln direkt vor der Haustüre. Damals wie heute sind diese Anlagen genau strukturiert und jeder verwaltet sein kleines Reich. Daneben gibt es neuerdings Gemüsezucht auf Balkonien, Gemeinschaftsgärten ohne Zäune oder Obstbäume in Parkflächen, wo sich jeder einen Apfel pflücken kann.
Die beiden Forscher Ulrich Brand und Andreas Exner haben vor Jahren in einem Forschungsprojekt untersucht, ob gemeinschaftlich angelegte, landwirtschaftliche Flächen den öffentlichen Raum neu definieren und eine mental stärkende Wirkung erzielen.
Die Antwort fiel durchwegs positiv aus. Gärtnern hat schließlich besonders in Krisenzeiten einen beruhigenden und absichernden Effekt auf Menschen, die sich der Natur wieder ein Stück näher fühlen.
Die Ideen des Urban Farming lassen der Phantasie des Einzelnen großen Spielraum: Die hier angeführten Beispiele sollen ein Denkanstoß sein, um diese Form des „green keepings“ populärer zu machen.

Gemeinsam Garteln
In allen Bundesländern Österreichs sprießen Gemeinschaftsgärten wie Pilze aus dem Boden. Durch das Arbeiten auf von der öffentlichen Hand bereit gestellten Flächen wird das gesellschaftliche Wir-Gefühl gestärkt.
Den Mitgliedern soll klar werden, dass Obst und Gemüse nicht direkt aus den Supermärkten kommt, sondern auf Bäumen wächst und aus dem Boden sprießt.
Informieren Sie sich auf der Plattform www.wohlfuehlweb.at – Stichwort Gemeinschaftsgärten über Beispiele und Projekte in ihrem Bundesland. Es ist erstaunlich, wie groß Angebot und Nachfrage sind.
Die Ernte eigenhändig einfahren
Einen Schritt weiter gehen die „Morgentaugärten“. Hier werden schließlich Gemüsefelder in verschiedenen Größen zum Teil vorbepflanzt und für den Rest Samen und Setzlinge an die Mieter ausgegeben. So erspart sich also der Hobbygärtner die Mühsal der Vorbereitung. Er kann sich folglich in der warmen Sommerzeit voll auf das Blühen und Gedeihen seiner Parzelle konzentrieren.
Natürlich kostet das etwas. Doch in Relation zum Wert der Ernte und der positiven Beschäftigung mit der Einbringung der Gartenfrüchte ist dieses Geld hervorragend angelegt. Nähere Informationen unter www.morgentaugaerten.at. Selbsterntegärten gibt es bis dato in Oberösterreich und der Steiermark.

Treffpunkt im Grünen
„Interkulturelle Frauen- und Gemeinschaftsgärten“ sind ein erweitertes Projekt, das Menschen zusammenführt. Sie sollen sich außerhalb des Gartens ebenfalls begegnen und so Nachbarschaft und Gemeinschaft fördern.
Die Gärtner bewirtschaften dabei eigene Beete, es gibt einen allgemeinen Dienst und bei offenen Fragen einen Informationsaustausch mit den Betreibern (öffentliche Hand oder Vereine). Als Turbo dieser Community dienen beispielsweise Treffen bei Gartentagen, das Verarbeiten der Ernte an Kochtagen und die Erweiterung des Wissens bei Tauschbörsen von Samen und Setzlingen.
Besonderes Augenmerk legen dabei die Organisatoren auf einen multikulturellen Ansatz, wo einheimische und neue Bewohner ihre Ideen und Erfahrungen austauschen und verschmelzen können. Weitere Anregungen und Projektideen gibt es unter www.urbanes-gaertnern.at.

Urban Farming: Grün ins Grau
Der Ansatz des „Guerilla Gardenings“ kommt aus den Vereinigten Staaten und bedeutet, dass sogenannte „wilde Flächen“ von Privaten okkupiert und bepflanzt werden. Es geht dabei um Maßnahmen der Bürgerbeteiligung und einen Gegenpol zur vollkommenen Verbauung des städtischen Raumes.
Klarerweise kommt es hier zu rechtlichen Problemen, aber man kann diese Versuche als Beginn eines Dialogs mit der öffentlichen Hand als Belebung von grau-in-grau Stadtteilen sehen. In Analogie sei hier beispielsweise die „Street Art“ genannt, wo man Sprayer im Lauf der Zeit auf erlaubte Flächen umgeleitet hat. So wird viel Ärger erspart und gleichzeitig Kunst im öffentlichen Raum ermöglicht.

Virtuell pflanzen – real genießen
Auf der Website www.myacker.com kann man als Onlinegärtner den „eigenen Acker“ im Internet mieten, virtuell pflegen und echtes Gemüse ernten. Per Mausklick entscheidet der Partner, was auf seinem echten 3m² großen Gemüsegarten passiert.
Online fernsteuerbar inklusive Plus-Pflanzen-Sortiment und 300 Credits – das eigene Zahlungsmittel am Acker – sind in einem Jahrespaket beinhaltet. Einmal komplett anpflanzen, online pflegen bis hin zur eigenen Ernte österreichweit per Post innerhalb von 24 Stunden vor der Haustür versandt sind die neueste Idee eines jungen Teams aus Kärnten.
Dort liegt der reale Acker mit der Icosa-Station: Das futuristische Gebilde beinhaltet die gesamte Steuereinheit des Gartens und bildet das Bindeglied zwischen der realen Welt und dem Internet – das Herzstück und die Technikeinhausung des Ackers. Die Fernsehsendung „2 Minuten – 2 Millionen“ präsentierte und startete das Projekt medienwirksam.

Vergesst die Bienen nicht!
Ob es nun Albert Einstein gesagt hat oder nicht: „Sterben die Bienen, stirbt auch der Mensch.“ …wahr ist dieser Sinnspruch allemal. Wenn die Bienenpopulation sinkt, gerät das ökologische Gleichgewicht außer Tritt.
Damit fleißig weiter bestäubt wird, gibt es Initiativen, die Stadt und Imkerei verbinden. Kaum zu glauben, doch die Auswahl verschiedener Blüten ist in Städten wesentlich größer als am Land und bietet ein reichhaltiges Nektar-Angebot.
Das stärkt das Immunsystem der Bienen und wirkt sich positiv auf ihre Lebensdauer aus. Außerdem bekommt der niedrige Pestizidgehalt der Stadtluft unseren kleinen Freunden immens. Selbst auf dem Dach der Wiener Staatsoper gibt es Bienenstöcke. Und das „Urban Bee Project“ der „Welser Honigmanufaktur“ bewirtschaftet Bienenstöcke auf dem Dach der Messe Wels. Nähere Informationen unter www.stadtbienen.org und www.welserstadthonig.com.
Fazit: Urban Farming
Es gibt mannigfaltige Ansätze, um Herz und Seele durch die Beschäftigung mit Natur und Pflanzen zu erfreuen und zu besänftigen. Wer weiß, wie lange die Corona-Krise unsere Nerven strapazieren wird. Gerade in Städten und bei steigenden Temperaturen können Pflanzen und Früchte am Balkon oder im Vorgarten Wunder wirken.
Arbeiten wir gemeinsam daran, diese weltumspannende Herausforderung zu meistern! Zwischendurch relaxen und auf eine hoffentlich bald grünere Stadt schauen, ist garantiert Balsam für geplagte Gemüter.
Titelbild (c) Homepage urbanes-gaertnern.at