Urban Gardening und sein Gewinn: Ein Vorzeigeprojekt

02.02.2017
Wohnen

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Eine Gemeinde gartelt: Urban Gardening bringt nicht nur Städte, sondern auch Communities zum Blühen. Markt Passail ist ein liebliches Fleckchen Erde im steirischen Almenland, in dem Zusammenhalt noch – oder wieder – gelebt wird. Was Kürbisse, Bohnen und Hochbeet e damit zu tun haben und was Urban/Rural Gardening und Urban Farming auch Ihrer Stadt bringen wird, hat uns der Kaufmann Andreas Reisinger bei unserem Besuch vor Ort erklärt.

 

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Die Schüler und Schülerinnen sind mit Herz und Seele dabei und nicht zuletzt auch stolz, wenn sie neue Kräuter am Marktplatz setzen.

Aus einem Dutzend Bergschuhe vor dem Schuhgeschäft sprießen Blumen in allen Farben heraus, vor der örtlichen Sparkasse ranken sich Spinat, Salat, Mangold und Frühlingszwiebeln aus dem Boden, in zwei Hochbeeten vor dem Adeg-Markt wachsen Salatköpfe und Gurken zum Selber-Ernten für die Kunden, vor dem Installateurbetrieb macht ein Gebilde aus blauen Rohren mit sprießenden Kräutern auf sich aufmerksam: Solche und viele weitere lustige Arrangements aus Pflanzen, Blumen, Gemüsen, Kräutern und Gegenständen vor jedem Geschäft im Ort sind im steirischen Markt Passail nichts Ungewöhnliches mehr. Aber die Touristen ziehen immer noch gerne den Fotoapparat aus der Tasche, wenn sie von der grünen Pracht auf diese Art entzückt werden. Konsumfreie Zonen präsentieren sich hier mal ganz anders!

„Naturnahes Garteln“ nennt sich das Rural Gardening Projekt, das ein Pendant zum städtischen „Urban Gardening“ ist und sich ob der ländlichen Lage also unter die „Rural Gardening“-Initiativen einreiht. Menschen in der Stadt oder am Land gemeinsam zum Garteln zu bringen ist der Grundgedanke des Urban bzw. Rural Gardenings. An belebten Plätzen werden Hochbeete aufgestellt oder Flächen mit Blumen, Gemüse, Kräutern und Getreide besät, das von der Bevölkerung gemeinsam gepflegt und geerntet wird. Auch Asylwerber helfen dabei mit.

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Die Gemüseplantage vor der Sparkasse ist ein lieblicher Wow-Effekt im Zentrum. Wer bekommt hier nicht auch Lust auf Mangold und Konsorten?

In Markt Passail nützt man das Gärtnern auch, um die Gemeinde touristisch zu vermarkten und Betriebe zu präsentieren. So hat man neben zahlreichen Workshops rund um das Garteln und naturnahes Kochen eine eigene Schatzkarte für Touristen kreiert, mit der sie sich auf die Suche nach den bezauberndsten Beeten in Passail begeben können. Urban Gardening ist in Passail also auch eine Marketing-Strategie.
Der Kaufmann Andreas Reisinger hat das florierende Projekt gemeinsam mit der Passailer Masseurin und Kosmetikerin Gabriele Reiterer ins Leben gerufen. „Wir saßen bei der Knödelwirtin in unserem Ort und haben uns gefragt, was wir tun können, damit es uns und den Leuten in der Region noch besser geht. Dann sagte Frau Reiterer, dass wir uns mehr regional ernähren sollten, und ein Tischgenosse entgegnete, dass die meisten Menschen ja keinen Garten mehr haben“, so Reisinger.

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Betriebe präsentieren ihre Zunft mithilfe von Blumen. Hier: Das Schuhgeschäft.

Die Idee war geboren: „Wenn wir Menschen dazu inspirieren, das Gärtnern für sich zu entdecken, gibt es mehr regionale Ernährung, mehr Freude, mehr Kommunikation, mehr Lebenslust und Kreativität“, so die Vision.

`Back to the roots` war also sprichwörtlich die Devise, und zwar sollte es egal sein, ob das Gärtnern an einem öffentlichen Ort in der Gemeinde, in einer Blumenkiste am Balkon oder im eigenen Garten stattfindet. Heute stehen vor allem die ortsansäßigen Betriebe im Zentrum, die ihr Handwerk in Form von Blumenarrangements in Szene setzen.

 

Urban Gardening: Pflanzenkunde für Jung & Alt

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Die Botschaft ist überall: In Passail regieren Schubkarren und Spaten! In einer Schatzkarte sind die schönsten Beete für Touristen markiert.
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Gärtnern als Lieblingsfach: Die Kinder erfahren nicht nur alles Wissenswerte über den Anbau von Gemüse, sondern auch über dessen Zubereitung in der Küche.

Die Idee beginnt im Kleinen und entpuppt sich als Lebensphilosophie. Heute können sowohl die Einwohner und Touristen seit einem Jahr an Workshops zum Thema Gärtnern und Kochen mit Kräutern und Gemüse aus Garten und Balkon teilnehmen, auch Weiterbildungen für Hausmittel aus Omas Zeiten werden angeboten. „Die jungen Mütter sind daran besonders interessiert“, sagt Andreas Reisinger mit leuchtenden Augen, „Hausmittel für Schnupfen oder Bauchschmerzen bei den Kleinen werden von den Omas ja heute kaum mehr überliefert.“ Auch gesunde Rezepte, mit denen Eltern ihre Kinder für Gemüse begeistern können, stünden hoch im Kurs. „Das Bedürfnis ist da, nur das Wissen fehlt. Und diese Lücke schließen wir. Das ist natürlich toll, weil die Eltern im Lebensstil ja die ersten Vorbilder für die Kinder sind.“

Auch die Einbindung von Schulen und Kindergärten stieß bei diesem Urban Gardening Projekt auf große Resonanz. Kaufmann Reisinger: „Am Hauptplatz und an Schulen haben wir Beete, die von den Schülern selbst bepflanzt und gepflegt werden; sie übernehmen also die Verantwortung für das Entstehen des Gemüses. Dann wird die Ernte in der Schule gemeinsam zu gesunden Gerichten verkocht.“

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Kinder bepflanzen öffentliche Plätze mit Liebe zum Detail.

Die örtliche Kindergruppe besucht auch einmal pro Monat das Seniorenheim. „Wenn wir hier das Projekt Junges Gärtnern einbringen, wird das ein toller Austausch zwischen den Generationen, besonders wenn es dann ans Kochen des Gemüses geht: Die Jugend ernährt sich heute ja ganz anders als die Omas, aber genau so können die Älteren den Jungen ihre Rezepte näher bringen.“

 

Die Neuentdeckung der Geschmäcker

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Kindergärten und Schulen betreiben ihre eigenen Grün-Oasen, die von den Kindern bewirtschaftet werden.

Bei Andreas Reisinger, der selbst das größte Hochbeet von ganz Österreich mit vier Metern Höhe auf seinem Kundenparkplatz aufgestellt hat, wird es darum heuer einen Pflanzenmarkt geben, bei dem Raritätenpflanzen von Lieferanten aus der Region erklärt und verkauft werden.

Haben Sie schon einmal von der Tomatenpflanze „Grünes Zebra“ gehört? „Durch diese längst vergessenen Gemüsesorten können wir ganz tolle Aromen wieder entdecken. So gibt es zum Beispiel über 100 verschiedene Karottensorten, die alle unterschiedlich schmecken!“

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Gartlprojekt-Mitbegründerin Daniela Reiterer.

Da macht das Kochen mit den frischen Zutaten wieder richtig Spaß. Und die Gartenfreuden haben den Nachbarschaftssinn noch mehr entfacht: „Wir tauschen untereinander Wurzeln und Triebe aus“, erzählt Projektmitbegründerin Reiterer aus dem Alltag, „Beim Garteln kommt man immer wieder auf’s Neue ins Gespräch – es ist wie eine Therapie. Wir reden wieder miteinander und es macht fröhlich – und langweilig wird’s auch nie!“, ist die dreifache Mutter und Unternehmerin begeistert.
Tatsächlich wird Gartenarbeit auch erfolgreich in der Therapie und Resozialisierung von Straftätern und Suchtkranken eingesetzt. Therapeuten berichten, dass man sich beim anstrengenden Umgraben und Umstechen gleich lockerer und ungezwungener unterhält. Urban Gardening hat also eine wichtige soziale Komponente für eine Stadt/Gemeinde.

 

Antrieb für die Region

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In Passail trifft man sich zum Graben, Jäten, Pflanzen und Ernten.

Kommunikation und Vernetzung sind aber auch für die ganze Wirtschaft in der Region mehr als Schlagworte. „Das funktioniert, weil wir sehr klein strukturiert sind“, sagt Reiterer. „Wir vernetzen alles und jeden, so gut wie es geht.“ So hat man auch das Projekt „Passail fastet“ ins Leben gerufen, mit dem die Bevölkerung unter ärztlicher Begleitung eine Woche lang auf das Fasten vorbereitet wird. Über 100 Anmeldungen trudelten gleich in den ersten zwei Wochen ein! Bei den „Löwenzahnfesttagen“ begleitete in der Marktgemeinde mit 4.000 Einwohnern ein Kräuterbauer an einem Gourmetabend einen Gastronom in der Küche und erklärte den Gästen beim Servieren die unterschiedlichen Kräuter am Tisch.

Natürlich stieß man anfangs auch auf Kritik: „Gerade als die Leute die Klomuscheln mit den Blumen darin vor dem Installateurbetrieb gesehen haben, haben sie sich auch gefragt: Was ist denn das für ein Blödsinn! Wozu brauchen wir das?`“ Doch der Sinn und Zweck war bereits erfüllt: Man redete und stellte Fragen. Reisinger: „Und beim Erklären der Hintergründe war bis jetzt noch jeder angetan!“

 

 

3 Vorteile, die Urban bzw. Rural Gardening Ihrer Stadt/Gemeinde bringen:

 

 1. Gepflegtes und ästhetisches Erscheinungsbild des Ortes
Blumen, Beeren, Obst und Gemüse mitten auf öffentlichen Plätzen oder vor Geschäften verschönern mit ihrer Farbenpracht das Stadtbild.

2. Sinnvolle Botschaft für Jung und Alt

Sich gesund ernähren und eine naturverbundene Beschäftigung wie das Gärtnern neu entdecken: Darum geht es beim gemeinschaftlichen Garteln. Kinder und Erwachsene, aber auch ältere Menschen können den Kreislauf der Natur – das Wachsen, Reifen und Vergehen – beobachten und miterleben. Wer es einmal probiert hat, weiß: So gut wie die selbst geerntete Tomate hat noch keine geschmeckt. Auch in internationalen Projekten wie zum Beispiel in den USA wird Urban Gardening in Schulen dazu eingesetzt, die Kinder für gesunde Ernährung zu begeistern. Mit Erfolg!

3. Kommunikation und Vernetzung

Während Menschen heute zunehmend anonym und isoliert leben, fördert das Garteln die Gemeinschaft und die Kommunikation. Es gibt immer etwas, worüber man sich mit dem Nachbarn austauschen kann. Und wenn es nur darum geht, sich gegenseitig Triebe für eine ertragreiche Hochbeeternte zu schenken oder Gartengeräte untereinander herzuborgen.

 

Fazit Urban Gardening:

Urban Gardening und Urban Farming stärkt den Zusammenhalt in Städten und Gemeinden und fördert die Kommunikation der Menschen untereinander. Ebenso stärkt es das Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Naturverbundenheit und gesunde Ernährung über alle Generationen. Mit einem durchdachten Konzept kann es auch zur Vernetzung und Förderung der regionalen Wirtschaft beitragen, das Image der Stadt/Gemeinde stärken und das Ortsbild verschönern.

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