Praxistag Seefeld: Lichtzauber – Gestaltung mit Licht in Kunst und öffentlichem Raum

05.03.2019
Kultur, Trends

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In Kooperation mit MK Illumination fand der erste Praxistag 2019 unter dem Motto „Lichtzauber – Gestaltung mit Licht in Kunst und öffentlichem Raum“ in Seefeld statt. Rund 40 Teilnehmer aus ganz Österreich und Südtirol folgten der Einladung.

 

In praxisnahen Vorträgen präsentierten mehrere Akteure unterschiedliche Perspektiven wie Licht, Kultur und Kunst einen städtischen Raum verändern können. Zahlreiche Projekte weltweit zeigen einen unaufhaltsamen Trend auf: Ob Städte, Sportevents oder Lichtfestivals – Licht zieht Menschen an und erreicht sie emotional. Dabei spielt auch die Interaktion mit Licht eine immer größer werdende Rolle.

 

Licht zieht Menschen an und erreicht sie emotional.

Michael Batz (c) MK Illumination
Michael Batz (c) MK Illumination

Michael Batz, deutscher Autor, Dramaturg, Regisseur und Lichtkünstler aus Hamburg, der sich im Bereich der Architektur und Konzeption für Theaterproduktionen und Festivals bewegt analysiert: „Wahrnehmung ist nicht die Steigerung von Licht. Es geht um den Unterschied zwischen Finsternis und einer einzigen Kerze. Wir sollten viel mehr über den Einsatz von Licht nachdenken.“

Wir Menschen sind täglich mit Licht konfrontiert. Vor allem künstliches Licht durch Werbe-Displays, Mobiltelefone, Computer, Tablets, etc. ist in der heutigen Gesellschaft omnipräsent. Doch was passiert, wenn wir den Lichtkonsum ständig steigern? Sieht dann keiner mehr hin? Batz macht darauf aufmerksam, dass wir oft über die beleuchteten Objekte reden, wenig aber über Licht als solches.

Die Anforderungen und Erwartungen an Städte sind größer geworden – unabhängig von der Größe und den finanziellen Möglichkeiten. Stadt macht Licht und Licht macht Stadt. Daraus ergibt sich schließlich auch der Zielkonflikt zwischen öffentlicher Beleuchtung von Straßen und Plätzen, die ein Gefühl von Sicherheit vermitteln und der inszenierten Beleuchtung bestimmter Gebäude für Werbezwecke.

 

Was ist Licht?

Nachtaufnahme von Seefeld (c) Olympiaregion Seefeld
Nachtaufnahme von Seefeld (c) Olympiaregion Seefeld

 

Laut Batz ist Licht Sprache. Für ihn geht Licht weit über Kommunikation hinaus. Es ist eine Literatur der Nacht, eine Erzählform und Finsternis ist die Chance, dass wir unsere Sprache sprechen. Wir sollten uns die Frage stellen, was wir mit Licht erzählen wollen.

Denn oft bleibt von der Architektur und den Gebäuden in Städten nur die Werbung über und die Geschichte wird auf die Sichtbarkeit von Marken beschränkt. Licht wird schnell kategorisiert z.B. illustrativ, rational, vitalistisch, etc. Batz argumentiert: „Es gibt kein perfektes Licht. Es ist sehr subjektiv und kulturell abhängig.“

Am Ende des Vortrages gibt Michael Batz den Teilnehmern noch einen Tipp mit auf den Weg: „Halten Sie so viel frei, dass die Fantasie noch eine Chance hat. Lassen Sie Fragezeichen zu. Differenzieren Sie nach Ebenen. Nicht immer nur Licht addieren. Es wird in der Masse nicht unbedingt signifikanter.“

 

Die Balance macht es aus.

Siegrun Appelt ist Künstlerin und Gründerin von Langsames Licht / Slow Light inszeniert Räume mit Licht. Appelt über langsames Licht: „Mit dem Konzept Slow Light ist ein interdisziplinärer Austausch an Erfahrungen und Erkenntnissen verbunden, bei dem es um die Bedeutung und die Auswirkungen von Licht auf Menschen, Natur und Umgebung geht.“

Die Künstlerin lässt zudem Erfahrungen und theoretisches Wissen aus technischen, kulturellen, wissenschaftlichen und planerischen Bereichen in die Gesamtstruktur von Beleuchtungsprojekten einfließen.

Die Architekturbiennale in Venedig, das Kunsthaus Bregenz, die Kunsthalle Schirn in Frankfurt oder beispielsweise das Museumsquartier in Wien zählen zu den Orten und Gebäuden, an denen Siegrun Appelt Lichtkunstinstallationen realisierte. Die Künstlerin versucht Gebäude für sich sprechen zu lassen, sie nicht zu inszenieren und mit Licht- und Schattenverläufen zu spielen.

In ihrer Arbeit geht es vor allem auch um den ökologischen, nachhaltigen und bewussten Umgang mit Licht und weist darauf hin, dass die nächtliche Beleuchtung stark zunimmt. Die weltweite Lichtverschmutzung hat in den letzten Jahren von 2012 bis 2016 im mittel um jährlich 2,2 Prozent zugenommen.

Im Rahmen des Praxistages stellt Siegrun Appelt verschiedene Projekte vor u.a. das Projekt Stiftsbibliothek St. Gallen, das 64 kW Projekt für die Biennale Venedig 2008, das 288 kW Projekt für das Kunsthaus Bregenz und das Projekt Pfarrkirche St. Nikolaus in Emmersdorf.

 

Projekt: Stiftsbibliothek St. Gallen

Siegrun Appelt (c) MK Illumination
Siegrun Appelt (c) MK Illumination

Siegrun Appelts Intervention Xullux macht die Stiftsbibliothek in St. Gallen mit Reflexionseffekten und den Stimmungen des Lichts im Tagesablauf neu sicht- und erlebbar.

Der barocke Raum wird mit Licht und Belichtung neu interpretiert.

Die Bibliothek zieht sich mit einer Galerie zweistöckig in die Höhe. Oben wie unten wechseln sich Bücherregale und Fensternischen ab. Normalerweise ist es sehr dunkel, um die Original Handschriften zu schützen, die kein Licht vertragen. Die Vorhänge sind zugezogen.

Die Künstlerin und der St. Galler Designer Martin Leuthold haben durch ihr Lichtkonzept den Bibliothekssaal verändert. Zuerst wurde er komplett leergeräumt, alle Quellen für künstliches Licht wurden abgebaut bzw. ausgeschaltet. Es wurde mit Tageslicht gearbeitet.

Im natürlichen Licht entfaltet der Raum eine neue Größe. Der prächtige Saal kommt einem dadurch höher und heller vor. Die üppigen Deckengemälde leuchten kräftiger als zuvor.

An die Besucher wurden Spezialbrillen verteilt. Durch die Brillen beginnen die Buchrücken in den Regalen zu schimmern und zu reflektieren. Die reflektierenden Buchrücken erinnern an einen Strichcode.

Stündlich startet eine Lichtintervention und eine Lichtuhr bringt ein kurzes Wetterleuchten in den Raum. Je nach Tageszeit bzw. je nach Lichteinfall ändert sich die Wirkung des Raumes. Wenn es draußen dunkel wird, treten die Reflektoren drinnen noch deutlicher hervor, sie spiegeln sich am Boden.

 

64 kW im Rahmen der Architekturbiennale in Venedig

In Siegrun Appelts Arbeit geht es um einen ökologisch nachhaltigen Umgang mit Licht. Die Lichtinstallation 64 kW setzt ein Ausrufezeichen für einen bewussteren Umgang mit Energieressourcen. Die 32 Scheinwerfer (à 2000 Watt) benötigen während der Ausstellungslaufzeit mehr als 50.000 kW.

Der hohe Energieaufwand scheint zunächst in einem Widerspruch zum bewussten Umgang mit Ressourcen zu stehen. Die Arbeit ist jedoch an den Aufruf gekoppelt, Energie einzusparen und diese symbolisch dem 64 kW Megawatt Kraftwerk zu spenden.

Über die Plattform utopia.de konnte man Energie für das Projekt spenden. Dabei ging es darum, Bewusstsein zu schaffen. Eine große Spende kam von der Stadt Berlin. Die 5 Schaltkreise des Brandenburger Tors wurden unterschiedlich ein- und ausgeschaltet, dadurch erzielte man 60% Energieersparnis.

Die Einsparung von Energie muss nicht nur Verzicht bedeuten, sondern kann zu einem Mehrwert führen.

Jeder konnte sich mit eigenen Spenden beteiligen. Sei es mit dem Auswechseln einer Glühbirne in ein Energiesparleuchtmittel oder durch die Nutzung des Fahrrads am Weg zur Arbeit.

 

 

288 kW im Kunsthaus Bregenz

Siegrun Appelt verwandelte das Kunsthaus Bregenz in eine Lichtskulptur. Enorme Helligkeit wanderte langsam um das Kunsthaus Bregenz herum. Auf allen vier Seiten des Kunsthauses leuchteten schließlich je 36 Strahler aus dem Lichtgraben des Untergeschoßes im Zwischenraum der Fassade gegen den Himmel. Auch beim Abdrehen des Lichts entsteht eine Intervention.

 

Pfarrkirche St. Nikolaus in Emmersdorf

Mit wenig Mitteln und wenig Energieverbrauch kann man Gebäude anders wahrnehmen. Ein Beispiel dafür ist etwa die Pfarrkirche St Nikolaus in Emmersdorf, wo der Energieverbrauch von 2000 Watt auf 132 Watt gesenkt wurde und durch die neue Beleuchtung ein dreidimensionaler Charakter erzeugt wurde. Licht schafft Szenen und gibt Information. Die Haptik wird in einer Vielzahl ihrer Projekte herausgearbeitet.

Univ. Prof. Mag.art. Mario Zeppetzauer von der Kunstuniversität Linz stellt in seinem Vortrag die Konzepte von Studierenden des Lehrgangs Industrial Design zum Thema Interaktion mit Licht vor. Die Kunstuniversität widmete sich schließlich einem Semester dem Thema und arbeitete mit 11 Studenten an Interaktion und Licht. Unterstützt wurde das Projekt von MK Illumination.

Entstanden sind folglich unterschiedlichste Projekte und Zugänge für den innerstädtischen Bereich. Mit den animierten Lichtinszenierungen wurden unterschiedlichste Wirkungen erzeugt und schließlich Bewusstseinsänderungen hervorgerufen. Die Studierenden versuchten also mit ihren Konzepten Strukturen aufzulösen und Barrieren zu überwinden.

 

 

Auszug der konzipierten Projekte

Matthias Kneidinger – Vario Tree

Inspiration bei diesem Konzept waren leuchtende, künstliche Bäume. Verschiedenste Szenarios wie beispielsweise eine Treelounge, ein Tanzlokal und ein Eventspace, in denen unterschiedliche Emotionen, Licht- und Soundeffekte sowie rhythmusdefinierte Effekte durchgedacht wurden.

 

Anastasia Podverbnii – Polar Licht

Anastasia konzipierte eine Schlüsseldarstellung mit einem innerstädtischen Bereich. Die Lichtinszenierung soll schließlich in mehreren Ebenen im Überkopf-Bereich installiert werden und beim Betrachter die Assoziation mit den Polarlichtern hervorrufen.

Die Studentin will mit dem Konzept eine Brücke bauen, die die Universität, mit Ars Electronica und Linz verbindet. Ihr Projekt soll zudem mit einem Motion-Sensor ausgestattet werden, der Autos und Fußgänger in der Stadt folgt.

 

Marie-Caroline Zimmermann-Meinzingen: Gates und Net

Gates: Beispiele mit Durchgängen angelehnt an Tore, die jeder für sich eine unterschiedliche Wirkung erzeugen und durch Drehung, Bewegung bzw Animation Bewusstseinsänderungen hervorrufen.

Das System erzeugt dynamische interaktive visuelle Erfahrungen, die aus einer Reihe einfacher Regeln und Verfahren definiert wird. Eine App erlaubt es zudem dem Betrachter, Rotationen zu aktivieren, mit Farben und Licht zu malen und die Geschwindigkeit individuell einzustellen.

Net: Hintergrund dieses Konzeptes ist die Interaktion mit der Umgebung als vermittelndes Konstrukt, um Resozialisierungsprozesse zu aktivieren. Dabei wird ein großes Netz aufgebaut, dass man betreten kann und als Begegnungsort funktioniert. In dem Konzept werden horizontale und vertikale Strukturen aufgelöst.

 

 

Licht und emotionales Branding

Georg Öhler, Creative Director MK Illumination, erläutert in seinem Vortrag „Designing Happiness: Licht und emotionales Branding“, dass die Emotionen und Grenzen zwischen Fantasie, Kunst und Kitsch oft verschwimmen. Mit Hilfe von Licht können interaktive, begehbare Räume entstehen.

Als Beispiel nennt er die außergewöhnliche Lichtinszenierung von Salerno, die sich über 27 Kilometer erstreckt. Als traditionelles Sommerreiseziel verfiel Salerno über den Winter in einen Dornröschenschlaf. Der Ort hat sich mittlerweile zu einem absoluten Highlight der Weihnachtszeit in Italien entwickelt und zieht schließlich jährlich über 4 Millionen Besucher an.

„Wir bei MK Illumination schaffen es, Orten Identitäten zu verleihen“, so Öhler.

Stockholm soll beispielsweise die Destination zu Weihnachten in Skandinavien werden. MK Illumination kreierte Straßenüberspannungen und gestaltete Plätze mit temporären, visuellen Monumenten. Stockholmsjul war ein voller Erfolg und spiegelte sich in den Nächtigungen und den Umsätzen in den Geschäften bzw. Restaurants wieder.

Der lokale Tourismusverband bot den Touristen und Einheimischen zur Weihnachtszeit sogar speziell geführte Spaziergänge zu den beliebtesten weihnachtlichen Lichtinszenierungen an.

Georg Öhler erklärt, dass solche Beleuchtungskonzepte auch in kleineren Dimensionen funktionieren. „MK Illumination ist in der Lage, Postkartenmotive zu kreieren. Von Weihnachtsbeleuchtung hin zu außergewöhnlichen Lichterlebnissen – das ist unser Ziel.“

Kuratierte Erlebnisse sind schlicht und einfach für jede Örtlichkeit wichtig, die Besucher anziehen möchte. In einer 2017 gemeinsam herausgegebenen Studie von MK Illumination und dem GMA Institut wurden folglich auf 43 deutschen und 33 österreichischen Weihnachtsmärkten Besucher befragt.

Dabei stellte sich deutlich heraus, wie wichtig den Menschen festliche Beleuchtung für das Empfinden einer weihnachtlichen Atmosphäre ist. So gaben mehr als zwei Drittel der Befragten an, vor allem wegen dem festlichen Licht die Innenstädte und Weihnachtsmärkte zu besuchen.

 

Eine atmosphärische und außergewöhnliche Lichtinszenierung stellt zwar den wesentlichen Teil eines festlichen Gesamterlebnisses dar, zweifelsohne machen jedoch ein dementsprechendes gastronomisches Angebot, tolle Einkaufsmöglichkeiten oder ein kulturelles Rahmenprogramm den Besuch von Örtlichkeiten zur Weihnachtszeit erst perfekt.

Georg Öhler: „Ich finde außergewöhnlich ein wunderbares Wort und es sagt eigentlich schon wie es geht. Nämlich nicht nach gewöhnlichen Antworten zu suchen, sondern offen zu sein für Neues und Andersartiges.“

Im Anschluss an die Vorträge ging es schließlich gemeinsam zu den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften und der Skisprung Qualifikation der Herren. Zur Blauen Stunde spazierten wir dann durch die WM-Zone vorbei an den Lichtdesigns. Ein besonderes Highlight war die 3D-Lichtskulptur in Form eines Skispringers, der über der Fußgängerzone hängt.

Zur Feier des sportlichen Großereignisses wurde zudem ein Langläufer und ein leuchtender „Seefeld“ Schriftzug produziert. In einem kleinen italienischen Restaurant ließen wir dann den Praxistag gemütlich ausklingen.

Karin Klotzinger

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