Christkindlmärkte – gemeinsam sind wir stark

29.11.2022
Kultur

Adventmarkt-Hall-in-TirolWatzek

In mehr als 140 österreichischen Städten und Orten öffnen Advent- und Christkindlmärkte ihre Hütten und Standeln, leuchtende Dekorationen strahlen und Weihnachtsklänge erschallen. Der Duft von Punsch, Keksen und Bratwürsteln lockt BesucherInnen an, die sich freuen, dass nach zwei Jahren coronabedingter Pause das bunte Treiben die dunklen Tage vor Weihnachten erhellt.

Jeder Weihnachtsmarkt hat seine Charakteristik und ist gleichzeitig Konkurrenz zum Markt im nächstgelegenen Ort. In diesem Blog wollen wir in zwei Hochburgen des Advents, Salzburg und Tirol, die Qualitätskriterien betrachten und abseits vom Kirchturmdenken bezüglich Kooperation genauer hinschauen.

Christkindlmärkte
Weihnachtsmarkt St. Johann in Tirol (c) Thomas Plattner

Lichtermeer in den Bergen

Sieben Orte haben sich 2008 zu einer Gruppe zusammengeschlossen und mit „Advent in Tirol“ eigene Qualitätskriterien erstellt. Deren Einhaltung ist Voraussetzung, um sich am gemeinsamen Marketingauftritt samt Homepage sowie der Organisation zu beteiligen.

Die Christkindlmärkte in Innsbruck, Hall in Tirol, Kufstein, Rattenberg, Seefeld, St. Johann in Tirol und am Achensee kooperieren vom Erscheinungsbild über das Angebot der Verkaufsstände bis hin zum Rahmenprogramm. Verkitschter Konsum ist tabu, vielmehr rücken die ausgewählten Märkte vorweihnachtliche Produkte und Erlebnisse in den Mittelpunkt, die authentisch, traditionell und „tirolerisch“ sind.

„Die Tirol Werbung und die Wirtschaftskammer Tirol sind seit Anfang an Teil der „Advent in Tirol“-Gruppierung, da diese die vorweihnachtliche Zeit mit qualitativ hochwertigen Angeboten aufwertet und maßgeblich bereichert.

Besonders definierte Qualitätskriterien, die einzelne Märkte einhalten müssen und die in regelmäßigen Abständen überprüft werden, sprechen für authentische Atmosphäre auf höchstem Niveau und begeistern unsere Gäste immer wieder aufs Neue“, so Hanna Dressler von der Tirol Werbung.

Voraussetzung für die Beteiligung ist ein jährlicher Mitgliedsbeitrag – neue Mitglieder müssen zuerst einen Qualitätscheck machen sowie eine Aufnahmegebühr zahlen. Eine Agentur führt die Geschäfte und erarbeitet die gesamte Öffentlichkeitsarbeit und Werbung.

Sie ist daher zuständig für den Austausch von Informationen, die Terminkoordination, gegenseitige Hilfestellungen, Erfahrungsaustausch und das Erarbeiten gemeinsamer Strategien. Die Gruppe will „state of the art“ sein, neue Trends aufspüren und frühzeitig Maßnahmen im Sinne einer gemeinsamen Wertehaltung ableiten – siehe das derzeit hochaktuelle Energiethema.

Advent in Tirol – Organisationsteam (c) Florian Lechner

 

Mehrwert durch Gemeinsamkeit

Zur Qualitätssicherung unterziehen sich die Märkte regelmäßig einer unabhängigen, extern durchgeführten Überprüfung, die von der Gruppe in Auftrag gegeben wird. Sanktionen bei Nichteinhaltung sind vereinbart und werden umgesetzt.

Marije Moors vom Ortsmarketing St. Johann in Tirol weiß: „Wenn wir diese Kriterien selber aufstellen würden, ist man vielleicht schneller geneigt, bei Diskussionen im Ort nachzugeben. Weil die Kriterien fixer Bestandteil der Kooperation sind, werden sie erst gar nicht in Frage gestellt. Zu guter Letzt ist es eine Bereicherung, wenn man sich mit KollegInnen austauscht und an einem Strang zieht.“

Ein Gewinn, den auch Robert Neuner von der Bergweihnacht Innsbruck schätzt: „Gesunde Konkurrenz spornt immer zur Weiterentwicklung eigener Projekte an. Vor allem bietet die Arbeit in der Gruppe Möglichkeiten zum Austausch und der Nutzung von Synergien, weit über die Adventszeit und Weihnachtsthemen hinaus.“

Christkindlmärkte

Weihnachtsmarkt St. Johann in Tirol (c) Fotografie Marie

Unsere Qualitätskriterien für „Advent in Tirol“ – ein Auszug

  • Tägliche Kernöffnungszeiten.
  • BesucherInnenführung und BesucherInnenlenkung zur Orientierung und Sicherheit für größere Gruppen.
  • „Aufgeräumter“ Gesamteindruck des Marktes in Bezug auf Sauberkeit und Mülltrennung.
  • Definition der Hygiene- und Sanitäreinrichtungen: Beim gastronomischen Angebot verwendet man kein Plastik, sondern Mehrweggeschirr mit Einsatz-System, z.B. Pfand-Becher.
  • Stimmige Atmosphäre abseits von Kitsch und Kommerz.
  • Die Dekoration muss traditionell sein und zum Ortsbild passen.
  • Beleuchtungskonzepte sollen abgestimmt sein, z.B. blinkende Lichterketten, Santa Claus- und Rentiermotive sind nicht erlaubt.
  • Musik und Beschallung des Marktes darf nicht „aus der Konserve“ kommen, sondern eine Bühne für Life-Auftritte mit vorweihnachtlicher Musik bieten.
  • Der Anteil der Gastronomie an der Gesamtzahl der Hütten darf ein Drittel nicht überschreiten, so wird ein ausgewogenes Angebot garantiert.
  • Keine Verkaufs- und Lockaktionen bei Aktivitäten für Familien und Kinder, wie z.B. Gratis-Getränke, Happy Hour oder Rabattaktionen.
  • Art und Qualität der Verkaufsartikel sollen Tradition vermitteln.
  • Bei der Preisgestaltung müssen alkoholfreie Heißgetränke günstiger sein als alkoholischer Punsch. Preis und Qualität sollten denen der umliegenden Gastronomie angepasst sein.
  • Das Rahmen-Programmgestaltung für Familien soll attraktiv und ansprechend sein. Kindertische und Barrierefreiheit sind Voraussetzung. Jeder Ort hat seine Schwerpunkte.
  • Werbung für andere qualitätsgeprüften Orte der Gruppe ist verpflichtend, z.B. durch Adventmagazine und gemeinsame Postkarten oder Flyer.
Christkindlmärkte
Bergweihnacht Innsbruck (c) Daniel Zangerl

 

Erfahrungsaustausch ist das Um und Auf

Die „Bergweihnacht Innsbruck“ ist die größte Weihnachtswunderwelt Tirols: Sechs Christkindlmärkte laden zum Flanieren, Staunen und Genießen ein. Robert Neuner von der IAI Veranstaltungs GmbH kennt die Herausforderung und Qualitätskriterien genau: „Die Schaffung von Erlebnissen in der Weihnachtszeit erfordert viel Zeit und Feingefühl für die jeweilige Location.

Voraussetzung dafür ist schließlich, den bespielten Platz, das Publikum, die BesucherInnen und die Ziele der Stadt bestens zu verstehen. Der Austausch in der Gruppe über die jeweiligen Erfahrungen ist dabei ein wertvoller Baustein in der Projektentwicklung.“  www.christkindlmarkt.cc

Der Weihnachtsmarkt in St. Johann in Tirol bietet einen Mix aus Genuss und Gemütlichkeit. Marije Moors vom Ortsmarketing sieht große Vorteile in der Mitgliedschaft: “Für uns als relativ junger Weihnachtsmarkt ist die Kooperation sehr wichtig: Wir erreichen mit der gemeinsamen Werbung eine größere Zielgruppe, weil unsere Marketingaktivitäten sich hauptsächlich auf die Region beschränken.

Mit „Advent in Tirol“ sprechen wir Zielgruppen in Österreich, Bayern und Südtirol an – so können wir den Bekanntheitsgrad unseres Marktes steigern.“

Christkindlmärkte
Schwimmende Laterne am Wolfgangsee zur Adventzeit im Salzkammergut (c) Wolfgangsee Tourismus Gesellschaft Hannes Peinsteiner

Lichtermeer am Wasser

Seit 2003 ist der „Wolfgangseer-Advent“ ein erfolgreiches Beispiel gelungener Kooperation bei dem St. Wolfgang, Strobl und St. Gilgen unter dem Motto „Advent wie damals“ gemeinsam im Weihnachtsglanz erstrahlen. Große Christbäume, Laternen, Kometen, Sterne, Kerzen, schwedische Feuerstellen und eine schwimmende Adventhütte auf einem 250 m² großen Floß begeistern die BesucherInnen.

In der gesamten Adventzeit verwandelt sich die Wolfgangsee-Region in einen Adventzauber, der Gäste und Einheimische in einer Stimmung voller Tradition und Brauchtum vereint. Ein besonderes Erlebnis ist eine Schifffahrt – die Boote bieten ein Lichtermeer vom Wasser aus.

Adventmarkt als „Green Event“

Der „Wolfgangseer Advent“ ist eine Aktion der Orte, die in zwei Bundesländern liegen – und zwar mit gemeinsam abgestimmten Veranstaltungen und gleichen Öffnungszeiten. Für „Green-Events“ gibt es Vorschriften, die in den Bundesländern andere Gültigkeit haben und vielerorts bereits Gesetz sind.

In neun Bundesländern haben wir neun Veranstaltungsgesetze – zu vergleichen ist schwierig, denn die meisten Adventmärkte übererfüllen die Vorschriften. Das Beispiel Wolfgangsee haben wir im Blog „Weihnachten trotz Corona“ als „best practice“ einbezogen.

In dieser Region ist der Advent mittlerweile die umsatzstärkste Zeit im Jahr, daher wird laufend an einer zeitgemäßen Weiterentwicklung gearbeitet. Nachhaltigkeitsbestrebungen tragen Früchte, denn seit heuer darf der „Wolfgangseer Advent“ in St Gilgen und Strobl die Bezeichnung „Green Event“ führen. In Oberösterreich läuft das Verfahren noch, St Wolfgang wird im nächsten Jahr folgen.

Qualitätskriterien für den „Green Event“:

  • Porzellanhäferln statt Einwegbechern für Heißgetränke.
  • Teller und Besteck bestehen aus Pappe und Holz.
  • Ökostrom und LED- Lampen sorgen für Beleuchtung.
  • Nur heimische Christbäume werden aufgestellt.
  • Die Dekorationen der Verkaufsstände sind aufwändig gestaltet und werden wiederverwendet.
  • Feuerschalen statt Heizschwammerl sind beim stillen Advent am See obligat.
Christkindlmärkte
Christkindlmarkt am Innsbrucker Marktplatz (c) Thomas Steinlechner

Fazit

Die Kooperationen sind für BesucherInnen deutlich spürbar, was die Wichtigkeit der Qualitätskriterien unterstreicht. Jeder Ort muss sich über Qualität definieren, aber in der Gruppe ist der Horizont breiter und die Ideen zündender.

Die Innenwirkung der Kooperation ist besonders wichtig, da ein positiver Druck auf die MarktorganisatorInnen entsteht: Das Programm kann nur dann umgesetzt werden, wenn es in der Gruppe vorgegeben ist.

Dadurch entstehen Veränderung und Verbesserung, was einen zusätzlichen Gewinn für uns alle bedeutet. Adventmärkte sind Leuchtturm-Projekte und können damit als Vorbild für viele andere Aktivitäten dienen.

Titelbild Adventmarkt Hall in Tirol (c) Watzek Fotografie

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Michael Gsaller

Michael Gsaller ist seit 25 Jahren Geschäftsführer vom Stadtmarketing Hall in Tirol, seit vielen Jahren im Vorstand des Dachverbandes „Stadtmarketing Austria“ und seit Oktober 2024 dessen Präsident. Ein ausgewiesener Experte für belebte und attraktive Orte.
Gsaller war Referent bei der zweiten Ausgabe der Südtiroler Akademie für Orts- und Stadtentwicklung.

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