Mit konsumfreien Zonen das Stadtleben aufwerten

21.12.2023
Architektur, Gesellschaft

Kiki-Kogelnik-Park-c-Daniel-Waschnig
(c) Klamag/Daniel Waschnig Photography

Konsumfreie Zonen in Einkaufsstraßen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie bieten nicht nur die Möglichkeit einer erholsamen Pause für StadtbesucherInnen, Berufstätige, Eltern und ältere Menschen, sondern tragen auch maßgeblich zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität und sozialen Interaktion in Stadtzentren bei.

Konsumfreie Zonen in Städten gab es seit jeher, auf den Plätzen einer Stadt, in ihren Parks, an Kais oder an Flussufern. Eine relativ neue Entwicklung hingegen sind innerstädtische konsumfreie Zonen, die in hochfrequenten Einkaufsstraßen eingerichtet werden.

Es sind Orte mit ansprechend gestalteten, idealerweise begrünten und beschatteten Sitzgelegenheiten, die zum Ausruhen ohne Konsumzwang einladen. Idealerweise bieten diese Zonen zusätzlich Spielgeräte und sicheren Spiel-Raum für Kinder, einen Trinkwasserbrunnen und eine verkehrsgeschützte, lärmarme Lage.

Die NutzerInnen solcher Angebote sind vielfältig. Von StadtbesucherInnen und FlaneurInnen über Berufstätige, die ihre Mittagspause im Freien verbringen möchten, bis zu Eltern mit Kindern oder älteren Menschen, die das Treiben in der Innenstadt beobachten wollen.

Konsumfreie Zonen in den Stadtzentren helfen, sowohl die Aufenthaltsqualität als auch die Verweildauer in Innenstädten deutlich zu erhöhen. Sie können auch als Orte für soziale Interaktion fungieren. Wo man einen Treffpunkt vereinbart oder einfach zufällig miteinander ins Gespräch kommen kann.

In diesem Blogbeitrag werfen wir einen näheren Blick darauf, wo das Konzept der konsumfreien Zonen bereits erfolgreich etabliert wurde und in welcher Form es umgesetzt werden kann.

1. Internationale Beispiele für konsumfreie Zonen

In vielen großen Metropolen wurde bereits früh erkannt, dass die Bevölkerung auch abseits von Einkaufen oder gastronomischen Angeboten städtischen Raum für sich nutzen können sollte. Als gelungene Beispiele konsumfreier Zonen in Großstädten sind etwa zu nennen:

– Paris: Vor allem entlang der zentralen Abschnitte der Seine-Ufer wurden konsumfreie Zonen geschaffen. Diese Bereiche bieten Raum für FußgängerInnen, RadfahrerInnen und öffentliche Veranstaltungen. Im Sommer wird in Teilbereichen Sand aufgeschüttet und Stadtstrände („Les Plages de Paris“) errichtet, samt Möglichkeiten für Sport und Spiel. Alle diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Lebensqualität in der Stadt zu verbessern und Teile des öffentlichen Raums an die Gemeinschaft zurückzugeben.

– London: Hier schließt das Konzept der städtischen Bereiche ohne Konsumzwang auch die staatlichen Museen und somit kulturelles Erleben mit ein. Über 20 Museen, Galerien und historische Bauten in London sind völlig kostenlos zugänglich und gelten damit der Definition nach ebenfalls als „konsumfreie Zonen“.

– Rotterdam. Eine der einfachsten und zugleich wirksamsten Umsetzungen konsumfreier Zonen kann sich Rotterdam auf seine Fahnen heften. Die niederländische Stadt hat im Vergleich eine der höchsten Dichte von Sitzgelegenheiten ohne Konsumzwang, nämlich in 8 von 10 Straßen. Im Vergleich dazu findet sich in Wien nur in 3 von 10 Straßen diese simple Art der konsumfreien Zone, wie die Wiener Initiative „Geht Doch“ herausfand.

– Portland, USA: Ursprünglich als Reaktion auf Covid-19 gestartet, entwickelte das Portland Bureau of Transportation (PBOT) ein dauerhaftes Programm für öffentliche Straßenplätze, die „Public Street Plazas“. An ausgewählten zentralen Orten werden der Stadtbevölkerung urbane Räume zur Verfügung gestellt.
Die meisten dieser Plätze umfassen einfache Designelemente und mobile Sitzgelegenheiten. Die Plazas werden von Gemeinschaften als Freiräume angenommen, um sich im Freien zu treffen, Kaffee oder Mahlzeiten zu teilen, Musik zu genießen oder einfach mit anderen zu sitzen und zu entspannen.

2. Beispiele für konsumfreie Zonen in österreichischen Städten

Auch in österreichischen Städten ist das Konzept der konsumfreien Zonen auf dem Vormarsch. Stadtoasen, Brunnenplätze, zentrale Aussichtpunkte: Schöne Spots in der Stadt werden immer öfter kostenfrei zur Verfügung gestellt, ohne dass Konsumation oder Kaufaktivitäten Voraussetzungen für einen Aufenthalt dort darstellen.

Hier einige Beispiele, auf welche unterschiedlichen Arten man „konsumfrei“ in Österreich denkt:

 + MQ bzw. MQ Libelle, Wien

konsumfreie Zonen
Museumsquartier Haupthof (c) MQ Presse/Hertha Hurnaus

Das Wiener Museumsquartier (MQ) gilt österreichweit als ein Paradebeispiel für eine gelungene konsumfreie Zone. Umrandet von Museen und Gastronomie liegt ein verkehrsgeschützter großer Innenhof mit angenehmer Atmosphäre, ausgestattet mit lauter „Enzis“, den bekannten farbigen Liege-Sitz-Outdoormöbeln.

Im Jahr 2020 kam im MQ ein weiteres konsumfreies Highlight hinzu. Am Dach des Leopold Museums öffnete mit der „MQ Libelle“ eine frei zugängliche Dachterrasse mit Panoramablick über die ganze Innenstadt bis zu den Wiener Hausbergen. Der Viewpoint ist über Außenlifte des Museums für jedermann/frau an sechs Tagen pro Woche kostenfrei zugänglich.

+ Am Eisernen Tor, Graz

Das sich an einem Ende der Herrengasse befindliche „Eiserne Tor“ ist zu jeder Jahreszeit ein vielbesuchter und beliebter konsumfreier Treffpunkt in Graz. Das „Eiserne Tor“ ist kein Tor, sondern ein Platz mit einer Pestsäule, einer ansprechenden und durchdachten Bepflanzung, großen schattenspendenden Bäumen zur Straße hin und einem Springbrunnen als Mittelpunkt.

Das Eiserne Tor liegt günstig in unmittelbarer Nähe zur Shoppingmeile Herrengasse, dem Hauptplatz oder dem Jakominiplatz. Ein integrierter Spielplatz und ein großes Wasserbecken garantieren, dass Kinder sich austoben können und ihre Begleitpersonen eine Pause etwas abseits des städtischen Trubels einlegen können.

+ Stadtarbeitsplatz & Bunte Bänke, Klagenfurt

Im Rahmen des Pilotprojekts „Lebensraum Bahnhofstraße“ hat man im Jahr 2022 ein Teilstück der innerstädtischen Straße in Klagenfurt für den Verkehr gesperrt.

Als ein wesentliches Element dieses Projekts entstand der „Stadtarbeitsplatz“ nach dem Modell des Businessbeach am Wörthersee – ein geschwungener Tisch mit Netzanschluss, der im Sommer als Arbeits- bzw. Meetingbereich genutzt werden konnte.

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Stadtarbeitsplatz Lebensraum Bahnhofstraße (c) KLAMAG

Ein weiteres konsumfreies Element sind die „Bunten Bänke“, die man entlang des breiten Gehsteigs installierte. Diese farbenfrohen Sitzgelegenheiten laden bis heute dazu ein, eine Pause einzulegen und die Umgebung zu genießen.

Obwohl das Pilotprojekt „Lebensraum“ vorerst eingestellt wurde, bekennt sich die Stadt weiterhin dazu, die Bahnhofstraße attraktiver und neu zu gestalten. Dies geschieht im Kontext der Inbetriebnahme der Koralmbahn, wodurch die Straße eine umfassende Aufwertung erfahren wird und eine grundlegende Neugestaltung erhalten soll.

+ Kajetanerplatz Salzburg

Der Kajetanerplatz am Ende der Kaigasse wurde im Sommer 2021 komplett neu gestaltet und folglich zu einem attraktiven Aufenthaltsraum mitten in Salzburg aufgewertet.

Das Herzstück des Platzes ist ein Fontänenbrunnen, der im Sommer vor allem für spielende Kinder einen Anziehungspunkt darstellt. Erwachsene ruhen sich auf den Brunnenbänken rundherum aus und genießen den konsumfreien zentralen Freiraum. Freitags, beim wöchentlichen Bio-Bauernmarkt, beleben zusätzlich MarktbesucherInnen den Kajetanerplatz.

Kajetanerplatz in Salzburg v. li: Projektleiter Wolfgang Bacher, Architekt Udo Heinrich, Stadträtin Martina Berthold, Architekt Oliver Gachowetz (c) Susi Berger / Camera Suspicta
Kajetanerplatz in Salzburg (c) Susi Berger / Camera Suspicta

+ Sitz-Skulpturen Dornbirn

Als Maßnahme zur Steigerung der Aufenthaltsqualität in Dornbirn entstanden im Sommer 2022 beim Eingang in die Fußgängerzone sogenannte „Pebbles“.

Das sind rund geschliffene Sitzsteine als neue Elemente der Dornbirner Stadtmöblierung. Insgesamt installierte man dann im Stadtzentrum bereits zehn dieser Skulpturen. Ergänzend dazu gibt es vor neuralgischen Zentrumspunkten unter den schattenspenden Großbäumen neue Sitzreihen, die zum Verweilen einladen.

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Sitzsteine in Dornbirn (c) Stadt Dornbirn/Matthias Bär

+ Kiki Kogelnik Park Klagenfurt

Der „Kiki Kogelnik Park“ in Klagenfurt ist beispielsweise eine kleine innerstädtische Parkoase, die durch ihren alten Baumbestand, zahlreiche Sitzbänke und einen markanten zentralen Brunnen besticht, den die Pop-Art-Künstlerin Kiki Kogelnik gestaltet hat.

Die Lage des Parks zwischen der belebten Fußgängerzone Neuer Platz/Kramergasse und dem Busbahnhof am Heiligengeistplatz macht ihn zu einem viel frequentierten Ort in der Stadt. Insbesondere SchülerInnen nutzen ihn als Pausen-Ort bzw. als „grünes Wartezimmer“ für den Schulbus.

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Kiki Kogelnik Brunnen (c) KLAMAG

+ Neuer Platz & Kardinalsplatz Klagenfurt

Der Neue Platz rund um das Klagenfurter Wahrzeichen Lindwurm wurde schließlich mit seiner Neugestaltung im Jahr 2008 als konsumfreie Zone mit vielen Sitzbänken, die unter den – den Platz einrahmenden – schattenspendenden Platanen platziert sind.

Auch der zentrale Kardinalsplatz in Klagenfurt dient zudem als beliebte konsumfreie Zone. Die wetterfesten Holzbänke und -Tische nutzen im Sommer gerne umliegende Büroangestellte für die Mittagspause im Freien. Schattenspendende Bäume sowie eine große Rasenfläche garantieren einen angenehmen Aufenthalt sowie Bewegungsraum für Kinder.

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Kardinalsplatz Klagenfurt (c) Klamag

3. Erfolgsfaktoren für konsumfreie Zonen

Es gibt also viele unterschiedliche Wege zur gelungenen konsumfreien Zone, vom Brunnenplatz über das Outdoor-Büro bis zum kostenfreien Viewpoint. Um konsumfreie Bereiche in der Stadt möglichst attraktiv zu gestalten, kann man beispielsweise folgende Möglichkeiten der Gestaltung erwägen:

  • ausreichend gemütliche Sitzmöglichkeiten
  • Begrünung & Bepflanzung
  • Wasserelemente, z.B. Wasserspielplatz, Springbrunnen, Erfrischungsbecken
  • Gratis WLAN
  • Nahe gelegene Sanitäranlagen
  • Attraktionen & Spielmöglichkeiten für Kinder
  • Beschattungen
  • Ausreichend Fahrradabstellplätze
  • Barrierefreiheit
  • Ein ansprechendes Beleuchtungskonzept
  • Offene Veranstaltungflächen für kostenlose Kurse
  • Gesellschaftsspiele in Großausführung (Schach)
  • Equipment für Teamsport-Aktivitäten (Tischtennis, Tischfußball, Volleyball, uä)
  • Schau- und Mitmachgärten, Hochbeete
  • Aufladestationen für E-Bikes

4. Fazit

Konsumfreie Zonen in Städten waren früher vorwiegend auf traditionellen Standorten wie Stadtplätzen, in Parks oder an Flußufern zu finden, während man sie zuletzt immer öfter in innerstädtischen Einkaufsstraßen errichtet hat. Sie bieten nicht nur ansprechende Orte zum Ausruhen, sondern idealerweise auch Spielbereiche für Kinder und Möglichkeiten zur sozialen Interaktion.

Die genannten Beispiele aus Österreich und aus internationalen Städten verdeutlichen, dass es viele Möglichkeiten der Ausgestaltung dieser Zonen gibt. Und dass sie eine nachhaltige und positive Wirkung auf die Aufenthaltsqualität in Städten – egal wie groß oder klein sie sind – haben können.

Titelbild: Kiki Kogelnik Park in Klagenfurt (c) Daniel Waschnig

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Inga Horny

Präsidentin Dachverband Stadtmarketing Austria | Geschäftsführerin Klagenfurt Marketing GmbH

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