Kollaboratives Arbeiten im Citymarketing dank „New Work“-Möglichkeiten

03.11.2022
Trends, Wirtschaft

Bildung und Weiterbildung, ein wesentlicher Bestandteil für die Nutzungsmischung und attratkivierung von Städten

Die Chancen von „New Work“ ziehen in die Berufswelt ein und schaffen es, ergebnisorientiert neue Wege zu bewältigen. Ein Schlüsselbegriff in diesem Zusammenhang ist „kollaboratives Arbeiten“. In diesem Beitrag geht es um neue Arbeitsformen in Projekten, Best Practice und wie sie das Stadtmarketing verändern könnten.

Gerade in diesem Feld wird noch überraschend wenig Gebrauch davon gemacht. Dazu stellen wir uns die Frage, wie Projekt- und Prozessmanagement für Organisationen durch New Work entsteht, wie sich Strukturen verbessern und welche Tools wir nützen können.

 

Schöne neue Arbeitswelt – Ist der Kaiser nackt?

Wenn neue Phänomene im gesellschaftlichen Diskurs auftauchen, ist die Gefahr groß, sich in einem „Hype-Zyklus“ (Jackie Fenn) wiederzufinden. Dieser verschobene Blick auf die Möglichkeiten der Veränderungen beschreibt das Amara-Gesetz sehr treffend: „Wir neigen dazu, die kurzfristige Wirkung einer Technologie zu überschätzen und die langfristige Wirkung zu unterschätzen.“ Mit einem Wort ausgedrückt: Es herrscht Bullshit-Bingo-Alarm.

So ist es auch mit dem Begriff des „New Work“ und allem, was dazugehört. Noch ist es das Spielfeld einiger weniger und die Gefahr ist groß, dass die allzeitliche Verfügbarkeit das Hamsterrad nicht stoppt, sondern beschleunigt.

Die Kulturanthropologin Bettina Ludwig formulierte kürzlich in einem Gespräch, sie befürchte, „Homeoffice wäre die Bekämpfung des falschen Symptoms. Unser Leben wäre so vollgestopft mit Arbeit, dass wir es nur halbwegs mit all unseren anderen sozialen Verpflichtungen unter einen Hut bringen, wenn wir die Arbeit komplett in unseren Alltag integrieren“.

Eine nicht von der Hand zu weisende Gefahr. Von Frithjof Bergmanns (dem Erfinder von „New Work“) Postulat „Arbeit, die man wirklich, wirklich will“ wäre man dann noch weiter entfernt als in den Jahrzehnten davor.

Genügend Gründe also, den Verführungen der Technik ein gesundes Maß an Skepsis entgegenzubringen, um sich den echten Vorteilen, die sich durch sie ergeben, anzunähern.

Die große Veränderung, die die Digitalisierung in sämtlichen Arbeitsabläufen unseres Lebens bringt, ist die Entkopplung des Ortes von einer Tätigkeit.

Zumindest, wenn es um Tätigkeiten der Wissensgesellschaft geht – im weitesten Sinne Büroarbeit. Bis vor wenigen Jahren musste man ins Büro, um dort seiner Arbeit nachzugehen.

Denn das war der Ort, an dem all jene Unterlagen und Tools zur Verfügung standen, die ich für mein Tagwerk benötigte. Da auch alle meine KollegInnen dort waren, war das der Ort des Austausches, eingebettet in Hierarchien, die es der Führung erlaubten, jederzeit den Fleiß seiner Arbeitsbienen zu überwachen.

Diese zwangsläufige Verbindung von Ort und Tätigkeit ist für alle Zeiten obsolet. Alles ist von überall in gleichem Maße verfüg- und nutzbar: Das gesamte Wissen der Firma auf dem Rechner oder Mobiltelefon (Bzw. in der Cloud). Dank Zoom, MS Teams und anderen Videokonferenz-Tools ist auch der Austausch mit den KollegInnen nicht mehr in gleichem Maße an eine physische Präsenz gekoppelt.

Für den Einzelnen führt dies – Klärung aller Rahmenbedingungen vorausgesetzt – zur freien Wahl des Arbeitsortes bis hin zu mehrwöchigen Aufenthalten im Ausland, bei denen man dennoch seiner normalen Arbeit nachgeht. Diese Form des „Mobil Office“ wird mit dem Begriff der „Workation“ beschrieben. Wir haben uns hier und hier eingehend damit beschäftigt.

Der Wegfall der zwangsläufigen Kopplung von Ort und Tätigkeit führt jedoch auch zu einem Bruch im klassischen hierarchischen Denken. Bis dato war es für jede Führungskraft einfach, die Arbeitsleistung der MitarbeiterInnen zu überprüfen. Schließlich waren sie physisch anwesend.

Heute braucht es Vertrauen in die Arbeitswilligkeit.

Nicht dergestalt, dass man 1, 2 Homeoffice-Tage erlaubt, sondern der 100%igen Übertragung der Ergebnisverantwortung in das jeweilige Team. Was man dafür bekommt? Neben engagierten – da involvierten – MitarbeiterInnen die Möglichkeit, sich ein Team mit Mitgliedern aus aller Herren Länder zusammenzustellen.

Eine Chance, die vor allem Projektarbeit auf ein neues Level heben kann. Schade, dass gerade im Stadtmarketing, das ja zum großen Teil aus Projektarbeit besteht, von dieser Möglichkeit noch so wenig Gebrauch gemacht wird.

Unser Alltag ändert sich

Das Thema New Work berührt StadtmanagerInnen also auf drei Ebenen:

  • Neue Formen von Tourismus, Auflösung klassischer Bürostrukturen in der Stadt, geändertes Pendlerverhalten durch Homeoffice und Co-Working-Spaces verändern das Gesicht der Städte. Für die Auswirkungen auf unsere Städte sei auf diesen Beitrag verwiesen: Bürokonzepte nach Corona
  • Die eigene Organisationsform: Welche Mittel kann man sinnvoll einsetzen, um mit den neuen technischen Instrumenten den Alltag leichter zu bewältigen.
  • Neue Strukturen: New Work führt dazu, dass hierarchische Systeme zum Großteil obsolet werden. Arbeitsverzug wird für alle sichtbar – mit dem positiven Nebeneffekt, rechtzeitig helfen zu können. Insgesamt werden Kontrolle und Macht durch Vertrauen und Kollaboration ersetzt.

Ein Schlüsselbegriff, der im Zusammenhang mit dieser neuen Eigenverantwortung häufig fällt, ist der des kollaborativen Arbeitens. Das ist kein Tippfehler. Die Kollaboration unterscheidet sich von der Kooperation in einem wesentlichen Punkt.

 

Kooperatives versus kollaboratives Arbeiten

Mit kooperativem Arbeiten ist gemeint, dass mehrere Personen an einem Projekt arbeiten und jeweils Aufgaben delegiert werden. Jede Person bringt also die ihr zugewiesenen Teile zu einem vordefinierten Ziel ein.

Kollaboratives Arbeiten hingegen liegt vor, wenn sich die Partner gemeinsam am Endergebnis des Projektes/der Zusammenarbeit schöpferisch beteiligen, die einzelne Person also nicht nur zuarbeitet. Die Grundvoraussetzung für kollaboratives Arbeiten ist neben dem nötigen Mindset auch immer eine entsprechende technische Umgebung.

Jedes Projektmitglied muss an jeder Stelle über den Stand des Projektes Bescheid wissen. Eine Voraussetzung, die durch digitale Tools sehr einfach gewährleistet werden kann.

Technische Voraussetzungen sind unabdingbar

Es ist von entscheidender Bedeutung, sich mit technischen Möglichkeiten vertraut zu machen und diese gezielt einzusetzen. Mit den richtigen Tools, z. B. cloudbasierte Task-Management-Systeme wie ASANA, erhalten alle MitarbeiterInnen jederzeit relevante Infos.

Online-Tools wie Skype, Slack, Zoom oder Microsoft Teams beinhalten eine Chatfunktion, bei der eine projektbezogene Kommunikation – anders als per Mail – gewährleistet werden kann. Eine gemeinsame Kalender- und Dokumentenverwaltung in der Cloud spart langwierige Koordinierungsgespräche.

Gibt es über die Remote-Arbeit noch echte physische Treffen, sollten Meeting-Räumen und offene, kreative Arbeitszonen entsprechend ausgestattet sein: Neue Bildschirme sind durch ihre Touchfunktion auf Interaktivität ausgerichtet. Durch nahtlose Konnektivität mit den Endgeräten der Team-Mitglieder z.B. über kostenlose ScreenShare Pro, lassen sich Inhalte von jedem Gerät auf das Interactive Display streamen, um gemeinsam eine Präsentation zu erarbeiten.

Interaktive Bildschirme lassen sich ebenso als Whiteboard nutzen, um Ideen zu sammeln und gemeinsam weiterentwickeln zu können. Apps wie Note, Browser und Cloud Drive schaffen zusätzlich eine Vielfalt an Möglichkeiten.

NutzerInnen können Apps herunterladen, die sie für ihre kollaborative Arbeit benötigen und über Cloud-Drive auf Google-Drive- oder OneDrive-Konten zugreifen. Remote-KollegInnen können virtuell problemlos dazugeschaltet werden.

Projektzusammenarbeit, die auf Remote-Technik setzt, muss ein hohes Maß an kommunikativer Reife aufweisen, um die richtige Kommunikationsform für die jeweilige Situation zu wählen. Ganz grob gesagt bietet sich fokussiertes Arbeiten, beispielsweise das Schreiben von Texten, mobil und asynchron an. Auch Statusmeldungen und Updates innerhalb des Projektes können in der Projektsoftware hinterlegt und von jedem Mitglied bei Bedarf abgerufen werden.

Je vertraulicher, emotionaler und konfliktbeladener ein Thema ist, desto wichtiger ist die direkte Kommunikation. Es ist wie im echten Leben – beende niemals eine Beziehung per WhatsApp…

Remote und Kollaboration – welche Vorteile gibt es?

  • Zeitersparnis: Wenn alle Beteiligten zeitgleich an einem Projekt arbeiten und sehen, woran gearbeitet wird, können sie Feedback, Anregungen und Verbesserungsvorschläge direkt einbringen. Das Ergebnis erfolgt schneller, weil langwierige Korrekturschlaufen wegfallen.
  • Kommunikation: Die Beteiligten befinden sich in ständigem Austausch miteinander und die Kommunikationsfähigkeit jedes Einzelnen wird verbessert. Dieser Vorsprung lässt sich aus den Teams heraus auf das gesamte Unternehmen übertragen.
  • Transparenz: Die Team-Mitglieder wissen genau über die Arbeitsfortschritte Bescheid und kennen alle Zusammenhänge. Sie wissen, wie das Ergebnis zustande gekommen ist und können daher Entscheidungen besser mittragen. Teams werden dadurch selbständiger und Machtausübung durch Informationszurückhaltung verunmöglicht. Die Formel ist einfach – beim kollaborativen Arbeiten sind alle für alles verantwortlich.
  • Innovation: Jeder Mensch denkt anders – wenn Ideen aufgegriffen und weiterentwickelt werden, können neue Ansätze entstehen, die das Projekt und das gesamte Unternehmen voranbringen.
  • Teamgeist: Alle ziehen an einem Strang und kommen gemeinsam ans Ziel. Das wirkt sich positiv auf Mitarbeitende und das Zugehörigkeitsgefühl gegenüber dem Unternehmen aus.
  • Flexibilität: Kollaboratives Arbeiten gelingt auf allen Ebenen – auf Distanz oder im Büro. Das schafft enorme Freiräume: Dieses Modell zeichnet sich durch Flexibilität aus, da jede/r wählen kann, wo er/sie arbeitet.

Best Practice und Anregungen

Wie also könnte nun das Stadtmarketing von diesen Möglichkeiten profitieren? Zwei Beispiele sollen dies skizzieren.

Alltag in der Stadtmarketing Austria-Redaktion: Die Arbeit an diesem Blog findet nicht spontan statt. Zweimal im Jahr treffen sich rund 10 KollegInnen aus ganz Österreich online mit mehreren BloggerInnen, um gemeinsam die Redaktion dieser Website zu bilden. Mittels Trello-Kalender werden von allen Blogbeiträge für das kommende halbe Jahr eingebracht, diskutiert und vergeben.

Das Tool garantiert Terminsicherheit, weil jede/r ständig Einblick hat, Einträge machen kann und überfällige Artikel eingefordert werden können. Ohne Online-Struktur wäre diese hochwertige Form der Redaktionssitzung nicht möglich. Allein die Reisekosten würden das Budget sprengen.

Kompetenz von außen: Sehr häufig muss man für einzelne Großprojekte das eigene Team temporär aufstocken. Warum nicht genau hierfür eine engagierte Person aus einem anderen Land ins Team holen? Das erweitert den Horizont und bringt neue Lösungsansätze. Wie das aussehen kann? Beispielsweise 2 Wochen am Stück remote, zwei Wochen vor Ort. Oder drei Wochen remote, eine Woche vor Ort. Je nachdem, was dem Projekt hilft und das Team vereinbart.

Vorstandssitzung(c)Stadtmarketing Austria

FAZIT:

Digitalisierung und Transformation verändern unsere Arbeitswelt auf intensive Weise. Viele Unternehmen, vor allem mit internationalen Standorten, nützen New Work und dessen Vorteile bereits seit Jahren.

Ein professionelles Stadtmarketing kann mithilfe dieser Arbeitsmethoden bei der Veränderung der Städte neue Wege gehen, die eigene Arbeit verbessern und den Horizont weiten. New Work und kollaboratives Arbeiten sind ein sich ständig erweiternder Prozess und stellt ohne Zweifel die Zukunft der Arbeitswelt dar.

Titelbild: Kollaboratives Arbeiten (c) Austin Distel on Unsplash

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Edgar Eller

Selbständiger Unternehmensberater und Hochschullehrer.

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