3 innovative Konzepte für bezahlbares Wohnen

27.11.2018
Wohnen

mehrfamilienhaus
(c) Pixabay

Steigender Siedlungsdruck, bezahlbares Wohnen sowie eine verstärkte Abstimmung von Siedlungsentwicklung und Verkehr sind wesentliche Herausforderungen in der aktuellen und zukünftigen Raumentwicklung.

Insbesondere in Tourismusregionen, in Gebieten mit steigenden Zweitwohnsitzzahlen, im Einzugsfeld attraktiver Arbeitgeber oder in Randlagen von Städten spitzt sich diese Problematik weiter zu. Vor diesem Hintergrund stellen wir Ihnen drei innovative Wohnkonzepte vor, die leistbaren Wohnraum mit den Anforderungen der heutigen Zeit in Einklang bringen.

Projekt WohnMOBIL – Wohnen und Mobilität

Unter der Leitung des Research Studio iSPACE wird derzeit im Rahmen des vom BMVIT (Stadt der Zukunft) geförderten Projekts WohnMOBIL die Verknüpfung von innovativen Wohnformen mit zukunfts- und bedarfsgerechten Mobilitätsangeboten getestet.

Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines systematischen und übertragbaren Lösungsansatzes für Quartiersentwicklung bzw. bezahlbares Wohnen in suburban-ländlichen Gebieten mit hohem Siedlungsdruck. Weitere Projektpartner sind die Gemeinde St. Johann in Tirol, das Energieinstitut Vorarlberg, Architekt Schweizer und Herry Consult.

Der Fokus liegt dabei auf neuartigen flächensparenden Wohnkonzepten, die bisher vorzugsweise im urbanen Bereich Anwendung fanden. Dazu gehört beispielsweise transitorisches Wohnen. Eine günstige Wohnform, die vor allem für Neuzuziehende, Jungfamilien, Menschen auf Wohnungssuche oder mit saisonal beschränkten Arbeitsverhältnissen geeignet ist.

Durch die erstmalige Übertragung dieser Konzepte in den ländlichen Raum und die Verknüpfung mit bedarfsgerechten Mobilitätsangeboten können neue Lösungsansätze insbesondere an der Schnittstelle von Stadt-/ Ortsentwicklung abgeleitet und evaluiert werden.

Im Bereich der Mobilität spielen Sharing-Lösungen, E-Mobilität und eine adäquate Infrastruktur zur Förderung einer aktiven Mobilität eine vorrangige Rolle.

Pilotgemeinden St. Johann und Göfis

In den Gemeinden St. Johann in Tirol und Göfis wird derzeit das Konzept auf Basis vorhandener Flächen, flexibler Gebäudetypologien sowie verfügbarer Mobilitätsformen und -angeboten entwickelt und in systematisierter, übertragbarer Form als Bausatz aufbereitet. Der Bausatz ermöglicht:

  1. Erstellung verschiedener Quartiers-/Siedlungstypen, die sich in Wohnform bzw. Grundrissgestaltung, Gebäudekubatur sowie Belagszahlen und Standort unterscheiden.
  2. Definition von Mobilitätsverhaltensszenarien basierend auf den erarbeiteten Quartiers/Siedlungstypen.
  3. Ableitung bedarfsgerechter, wohnformangepasster Mobilitätsangebote/-infrastrukturen je Szenario.

In beiden Gemeinden ist die Problematik des fehlenden leistbaren Wohnraums deutlich zu spüren. Der starke Siedlungsdruck durch Zuzug oder steigende Zweitwohnsitzzahlen führen zu einem Mangel an leistbarem Wohnraum und damit zu Zersiedelungstendenzen ins Umland.

St. Johann wurde als Pilotgemeinde ausgewählt, da sie neben ihrer touristischen Ausrichtung auch immer mehr zu einem regionalen Zentrum für Bildung, Handel und Gewerbe, sowie Gesundheit wird.

Die Gemeinde Göfis steht insbesondere durch ihre Nähe zur Stadt Feldkirch, die Lage innerhalb einer Tourismusregion, aber auch durch die Nähe zu attraktiven Arbeitgebern in Liechtenstein unter enormem Siedlungsdruck.

Übertragbarkeit auf andere Gemeinden

Das Hauptresultat des Projekts ist ein übertragbarer WohnMOBIL-Bausatz. Gemeinsam mit konkreten Handlungsempfehlungen soll dieser Bausatz Gemeinden und Bauträger dabei unterstützen, in verschiedenen Phasen der Orts- bzw. Quartiersentwicklung (z.B. Entwicklungskonzept, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Mobilitätsverträge) die passenden Maßnahmen für eine integrierte, innovative Wohn- und Mobilitätsentwicklung zu setzen.

Durch die unterschiedlichen Pilotgebiete ist das Modell österreichweit auf vergleichbare Gemeinden und Regionen übertragbar.

Neben den Gemeinden werden relevante Aufgabenträger der Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg wie auch ausgewählte Bauträger sowie Mobilitätsdienstleister in die laufende Projektbearbeitung einbezogen, um einen möglichst hohen Praxisnutzen zu erzielen.

 

ALL-IN99 – Öko-Wohnbau

Ein zukunftsfähiges Konzept für bezahlbares Wohnen, das weitgehend privat und abgekoppelt von öffentlichen Wohnbauförderungen finanziert wird, ist die innovative all-in99 Wohnanlage des Linzer Unternehmens Öko-Wohnbau. Durch eine standardisierte und systematische Planung der Gebäude und Wohnungen kann eine günstige Bauweise erreicht werden.

Angeboten werden Anlagen mit 12 oder 21 Wohneinheiten zwischen 45 und 69 Quadratmetern. Die ökologische Massivholzbauweise mit Holzweichfaserdämmung und Außenputz bzw. mit Außendämmung und hinterlüfteter Holzfassade ermöglicht die Errichtung in nur acht bis zehn Monaten.

Interessant ist das all-in99 Modell zudem auch deshalb, weil es sowohl Grundstücksbesitzern und Kommunen als auch Investoren und Wohnungsmietern Vorteile bringt:

  • Die Grundstücke werden auf Baurechtsbasis für 99 Jahre gepachtet. Grundbesitzer können daher langfristig mit ungenutzten Flächen Erlöse erwirtschaften, ohne die Liegenschaft verkaufen zu müssen.
  • Investoren und Wohnungseigentümer wiederum veranlagen in ein ökologisch werthaltiges Wohnbauprojekt und erwirtschaften damit eine langfristig sichere Rendite.
  • Wohnungsmieter freuen sich aufgrund günstiger Errichtungskosten über leistbare Mietpreise ohne auf Komfort zu verzichten.
  • Sowohl der Kaufpreis der Wohnungen als auch die Miete liegen deutlich unter den üblichen Marktpreisen (Kaufpreis ab € 99.000,- netto, Mietpreis max. € 9,90 pro qm).
  • Die Kommunen profitieren davon, dass sie leistbaren Wohnraum schaffen und somit die eigene Gemeinde attraktiv und lebenswert machen.

Aktuell wurden bereits acht all-in99 Wohnbauten in Haag, Bad Ischl, Adlwang, Vöcklabruck, Hartberg, Bad Goisern und St. Florian am Inn errichtet. Ein weiteres Projekt in Klagenfurt befindet sich derzeit in Umsetzung.

Bezahlbares Wohnen im ökologischen Wohnbau
© all-in99 Wohnbau in Bad Ischl mit 21 Wohneinheiten, Öko-Wohnbau

Auf  günstigen Wohnbau mit Holz fokussiert übrigens auch die vor einigen Monaten angekündigte Kooperation zwischen dem Fertighausspezialist Elk und dem Holzbauunternehmen Cree. Geplant ist die Errichtung von kostengünstigen mehrgeschoßigen Holzhybridgebäuden in einem „One-Stop-Verfahren“.

Damit soll eine durchgängige Abwicklung von der Planung und der Vorproduktion bis hin zur Montage möglich werden. Das Angebot richtet sich insbesondere an gewerbliche Wohnbauträger und den gemeinnützigen Wohnbau.

 

5 Euro Wohnen in Tirol

Im Jänner 2016 gab Tirols Wohnbaulandesrat Johannes Tratter den Startschuss für den 5-Euro-Wohnbau, um bezahlbares Wohnen in Städten und Gemeinden möglich zu machen. Das Konzept basiert auf einfachen Baugrundrissen sowie einfacher Statik und standardisierten Konstruktionen.

Außerdem werden kostengünstige Materialien, eine wartungsarme Haustechnik und eine einfache, aber zweckmäßige Grundausstattung vorgeschrieben. Um die Baukosten niedrig zu halten, ist der Verzicht auf ein Kellergeschoß bzw. eine Tiefgarage vorgesehen. Die Vergabe der Wohnungen ist unter anderem an bestimmte Einkommensgrenzen gebunden.

Das erste 5-Euro Bauprojekte wurde bereits im Jahr 2017 mit 18 Wohnungen in Schwaz umgesetzt. Das Wohnobjekt besteht aus einem Erdgeschoss mit Parkdeck sowie drei Obergeschoßen. Zusätzlich sind im Erdgeschoß Fahrrad-, Kinderwägen-, Trockenräume sowie Haustechnik untergebracht. Ein externes Müllhaus liegt im Außenbereich an der Südecke des Grundstückes.

Bezahlbares Wohnen in Tirol
© 5-Euro Wohnbau Schwaz, Neue Heimat Tirol

Erst vor wenigen Tagen erfolgte auch in Kitzbühel die Übergabe von 32 Wohnungen an seine neuen Bewohner. Insgesamt wurden 14 3-Zimmer-Wohnungen und 18 2-Zimmer-Wohnungen errichtet.

Die 2-Zimmer-Wohnungen haben beispielsweise eine Größe von 65 qm und einen Mietpreis von 325 Euro inkl. Betriebskosten, Heizkosten, Instandhaltung, Verwaltungskosten, Pkw-Abstellplatz und Mehrwertsteuer. Weitere 5 Euro Bauprojekte sind in Kufstein und Inzing in Planung.

„Die bislang gewonnenen Erfahrungen zeigen, dass die Vorgabe einer 5-Euro-Bruttomiete pro Quadratmeter und Monat in der Praxis gelingen kann, wenn eine Gemeinde, ein gemeinnütziger Bauträger und die Wohnbauförderung zusammenwirken“, resümiert Wohnbaulandesrat Johannes Tratter.

Fazit: Innovative Wohnkonzepte für bezahlbares Wohnen

Fehlende Lösungen für bezahlbares Wohnen in zentralen Lagen führen zu einer Ansiedelung im Umfeld und verschärfen die Pendler- und Verkehrsproblematik. Zudem fordern Trends in der Arbeitswelt mehr Flexibilität am Wohnungsmarkt und im Mobilitätsbereich.

Die vorgestellten Konzepte weisen einen nachhaltigen Weg, wie diese Herausforderungen gemeistert werden können. Mehr zu den aktuellen Trends im Bereich leistbares Wohnen lesen Sie in unserem Beitrag Leistbares Wohnen: Wie teuer darf Wohnraum sein?

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