Der interdisziplinäre Diskurs rund um das Thema „Lebenswerte Stadt“ wurde im Rahmen der Stadtmarketing Austria DenkwerkStadt III vom 1.-3.10.2014 weiter fortgesetzt: Ausgehend von der Überlegung, dass engagierte Menschen, die vertrauensvoll kooperieren und langfristig handeln, einen Ort / eine Region erst lebendig und lebenswert machen, befasste sich die DenkwerkStadt mit dem Themenkreis „Beteiligung der Player im Stadtmarketing“.
Eine zentrale Aufgabe des Stadtmarketings als Schnittstelle zwischen Politik, Verwaltung, BürgerInnen, Wirtschaft, Kultur und Tourismus stellt die Einbeziehung diverser Personengruppen in Entscheidungs- und Veränderungsprozessen dar. Sei es beim Startschuss der Stadtmarketing-Organisation im Zuge des Leitbildprozesses, bei Markenentwicklungen oder bei der Ausarbeitung eines touristischen Leitbildes: wer dem Anspruch eines ganzheitlichen Ergebnisses gerecht werden möchte, muss möglichst viele Personengruppen in diese Prozesse einbeziehen. Vor allem die Beteiligung von UnternehmerInnen und BürgerInnen gewinnt in der Stadtmarketing-Arbeit zusehends an Bedeutung: werden Veranstaltungen, Projekte oder Quartiere gemeinsam entwickelt, so profitiert die gesamte Stadt davon, da nicht nur neue Ideen, sondern auch breit getragene Lösungen daraus hervorgehen. Neben der partizipativen Stadtmarketing- und Stadtraumentwicklung stand die Auseinandersetzung mit postkonsumen Beteiligungstrends (wie sharing economy, Co-Working, Online-Handel, das Teilen des öffentlichen Raumes, etc.) und deren Auswirkungen auf das Stadtmarketing auf dem Programm. Des Weiteren wurden alternative Finanzierungsformen für kommunale Projekte, wie z.B. Crowdfunding, thematisiert.
Sharing economy: Gemeinschaftsgedanke oder ökonomische Notwendigkeit?
Der Zukunftsforscher Mag. Andreas Reiter zeigte auf, wie der Ko-Konsum das städtische Leben verändert. „Phänomene des Teilens“ im urbanen Umfeld seien nicht neu, doch „die Umwandlung von Sharing-Trends in Geschäftsmodelle durch Großkonzerne, wie Airbnb und Uber, sehr wohl.“ Was steht aber hinter dem Aufstieg der Sharing Economy? Sicherlich seien die Gründe dieser Entwicklung im Wertewandel unserer Postwachstums-Gesellschaft sowie in der digitalen Vernetzung zu finden, doch oftmals wird schlichtweg aus ökonomischer Notwendigkeit heraus geteilt. Hohe Lohnsteuern, Immobilienpreise und Lebenserhaltungskosten führen so zur gemeinsamen Benützung von Büros (Stichwort „Co-Working“), Gemeinschaftseinrichtungen (Co-Housing) und Autos (Carsharing). „Es ist wichtig, dieses massive Problem der erodierenden städtischen Mittelschicht zu erkennen und die Sharing Economy nicht nur aus sozialromantischer Sicht zu beurteilen“, so die Vereinspräsidentin Mag. Inga Horny.
Gemeinsam Stadtraum gestalten
Eine weitere Form von Beteiligungstrends zeigt sich in der zunehmenden Bereitschaft von StadtbewohnerInnen zur aktiven Mitgestaltung ihrer Umgebung, was in dieser Dichte neu ist. Andreas Reiter regt an, diese Ideen in die Stadtmarketingarbeit einzubeziehen, z.B. durch die Einladung zur gemeinsamen Ideen-Generation im Zuge sogenannter Crowdsourcing-Prozesse. Dem Wunsch der Gesellschaft nach Begegnung im öffentlichen Raum kann durch Interventionen im Stadtraum nachgekommen werden: Soundinstallationen, Kunst im öffentlichen Raum oder Bühnen für verschiedene Akteure eignen sich hierfür bestens.
Wie partizipative Stadtraumgestaltung aussehen kann, veranschaulichten der Lustenauer Bürgermeister Dr. Kurt Fischer und die Architektin DI Ursula Spannberger. In Lustenau wird Beteiligung der Bevölkerung in Stadtgestaltungsfragen gelebt: so haben z.B. Kinder einen Naturspielplatz an einem Bach geplant. Weitere innovative Projekte in Lustenau umfassen die im öffentlichen Raum aufgestellten YOU MAY-Mulitoptionsmöbel oder z.B. ein Kindercafé von Kindern für Kinder.
Die Kommunikationswissenschafterin Dr. Ursula Maier-Rabler von der Universität Salzburg betrachtet das Vorhandensein einer „partizipativen Kultur“ als wesentliche Voraussetzung von Beteiligungsprozessen. Eine solche zeichne sich u.a. durch geringe Barrieren für künstlerischen Ausdruck und bürgerliches Engagement sowie in der Weitergabe von Erfahrungen an Neulinge aus. „Die Menschen müssen überzeugt davon sein, dass ihre Beiträge wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Ebenso muss vorab kommuniziert werden, was mit den Ergebnissen passiert.“
Die partizipative Stadtmarketingentwicklung stand in einem Workshop mit Dr. Isabella Klien (Holistische Organisationsberaterin und Moderatorin) und Mag. Edgar Eller (GF Stadtmarketing & Tourismus Feldkirch GmbH) im Fokus. Gemeinsam mit den TeilnehmerInnen wurden in Form einer “Familienaufstellung” die wesentlichen Player der jeweiligen Stadtmarketingorganisationen veranschau-licht und darauf basierend die Wünsche / Zielsetzungen für die zukünftige Entwicklung der Organisation formuliert.
>>> ZU DEN PRÄSENTATIONEN (nur für Mitglieder)

Die Kommunikationswissenschafterin Dr. Ursula Maier-Rabler von der Universität Salzburg war zum Thema „Balanced Societies“ geladen.